Second Unit #318 – Whiplash (Brainflicks)

Wir reisen in die Jazz-Szene von New York City und lernen, was absolute Hingabe zur Musik bedeutet – und welchen Preis so mancher dafür bereit ist zu zahlen. Wir, das sind Christiane und Julius von Brainflicks

Die Second Unit für eine Urlaubsvertretung übernehmen? Nichts lieber als das, vor allem hier! In unserem eigenen Filmpodcast Brainflicks verbinden wir Filmanalyse mit Wissenschaftskommunikation aus dem Bereich der Psychologie und freuen uns über jeden Anlass, „einfach mal so“ über Filme reden zu können. Das haben wir auch schon mehrfach in der Second Unit gemacht, nämlich über Bohemian Rhapsody, Crazy Stupid Love und Manche mögen’s heiß. Und in unserem zweiten Podcast Rantvoll ging es auch wiederholt um unser aller Lieblingsmedium, z.B. über Rockys seltsame Beziehung zu seiner Adrian oder um die deutschsprachige Filmpodcastszene. Unterstützen könnt ihr uns am besten, in dem ihr für unsere Podcasts Sterne oder Rezensionen bei Apple Podcasts hinterlasst. Oder ihr schenkt uns eine Kleinigkeit!

In dieser Folge widmen wir uns Damien Chazelles ersten wirklich bekannten Spielfilm Whiplash. Bei allem Bemühen um Objektivität (wobei fraglich ist, ob es die bei Filmkritik überhaupt geben kann), sei schon einmal vorweggeschickt, dass dieser Film zu unseren absoluten Lieblingen zählt.

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In Whiplash lernen wir den 19-jährigen Andrew Neiman (Miles Teller) kennen, der am renommierten Shaffer-Musikkonservatorium Jazz-Schlagzeug studiert und davon träumt, zu den wirklich Großen seines Fachs zu gehören. Auf sein Talent wird der autoritäre und umstrittene Lehrer Terence Fletcher (J. K. Simmons) aufmerksam und es entspinnt sich eine zwar extrem problematische, aber durchaus sehr fruchtbare Mentorbeziehung. Andrews Ambitionen scheinen zunehmend weniger Raum für die beginnende Beziehung zu Nicole (Melissa Benoist) zu lassen, und sein Vater Jim (Paul Reiser) macht sich zunehmend Sorgen um seinen Sohn, der sichtlich unter dem enormen Leistungsdruck leidet.

Im Podcast fokussieren wir auf die Beziehung zwischen Andrew und Fletcher, die ja auch – neben der Musik – Dreh- und Angelpunkt des Films ist. Dabei stellen wir uns die Frage: wie positioniert sich der Film zu dieser Beziehung? Positioniert er sich überhaupt? Und wenn ja: was sagt das über das Menschenbild aus, das uns hier vermittelt wird? Welches Leid ist im Namen der Kunst erlaubt? Und schließlich vergleichen wir Filme, die sich mit ähnlichen Themen befassen, mit Whiplash: Black Swan, The Wrestler, Nightcrawler, The Social Network, Inside Llewyn Davis und La La Land.

Ein herzliches Dankeschön noch einmal an Christian für die Möglichkeit, diesen Kanal zu bespielen. Wir freuen uns, euch als Hörer*innen drüben bei Brainflicks, Rantvoll oder bei Christianes weiteren Projekten Audio:viel und Vielzimmerwohnung begrüßen zu dürfen!


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Christiane Attig
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Julius Herold

[Teaser-Bild: “My Drums!” by Joshua Davis is licensed under CC BY 2.0]

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Ein Kommentar

  1. Whiplash ist für mich ein Meisterwerk. Ich habe dem
    Kinobesitzer gedankt, dass er ihn damals ins Programm genommen hat. Leider hat
    er, wie sich im Gespräch rausstellte, wenig Zuschauer.

    Ich denke Damien Chazelle ist ein absoluter Filmliebhaber,
    der hier einfach die typische Hollywoodstory von Mentor und Schüler mal von
    einer anderen Seite betrachtet. Normalerweise gibt es einen weisen Mentor, der ein
    Talent entdeckt und am Ende wächst der Schüler aus sich heraus. Dabei zweifelt
    der Schüler oder stolpert bzw. es gibt ungewöhnliche Lehrmethoden, aber am Ende
    geht man mit einem guten Gefühl aus dem Kino. Dabei läuft diese Art von Filmen
    nach einer Gewissen Struktur ab. Whiplash behält die Struktur tauscht aber die
    Charaktere aus. Statt eines netten, etwas verschrobenen Mentors gibt es einen Psychopathen.
    Statt eines „Underdog“ der als Projektionsfigur für das Publikum dient gibt es
    einen von sich selbst eingenommen Genie als Schüler.

    Das ist die Grundidee des Films, nach meiner Ansicht.
    Ich denke nicht, dass der Film die Lehrmethoden Fletchers
    gutheißt. Miles Tellers Charakter ist intrinsisch motiviert, sodass er auch mit
    menschenwürdigen Methoden zum Ziel gekommen wäre. Er hat nur aus einem Grund
    sich so erniedrigen lassen. Tellers Charakter möchte der Beste sein. Er weiß um
    sein Talent und Fletcher ist der einzige, aus seiner Sicht, die dieses erkennen
    kann und dies zu zertifizieren. Er wartet auf seine Anerkennung, weil das in
    seiner Welt wahre Größe bedeutet.

    Das Fletchers Methoden versagen wird im Film ziemlich
    deutlich, selbst Tellers Charakter geht daran zugrunde. Er hat nur Glück, dass
    ihn jemand rausholt. Fletcher lügt ihn meiner Meinung nach aus an, mit der Ausrede,
    dass er den nächsten „Bird“ erschaffen will. Er sieht Tellers Talent und sein
    Wille zur wahren Größe und versucht ihn kleinzuhalten. Er duldet keine Götter
    neben sich. Deswegen nimmt er ihn auch die Notenblätter weg, hat aber nicht
    damit gerechnet, dass er ohne Noten spielen kann. Seinen Kumpel holt er in die Studioband,
    um ihn zu demütigen bzw. sein letzter sozialer Kontakt wegzunehmen. Dass es ihm
    nicht nur um Perfektion geht, zeigt die Szene wo er einen Schüler aus der Band
    schmeißt, der korrekt spielt und den drinnen lässt der falsch spielt. Ihm
    passte nur der Schüler nicht.

    Das Ende zeigt es deutlich, wo er Tellers Charakter vollkommen fertig machen möchte. Würde er einen „Bird“ erschaffen wollen, hätte
    er sein Ego dem unterstellt. Tellers Charakter merkt, dass er nur noch auf
    eine Weise die Anerkennung, die er ja warum auch immer benötigt, bzw. seinen
    Ritterschlag bekommt und übernimmt die Kontrolle. Da zwischen der letzten
    Konfrontation und dem Rausschmiss Zeit vergangen ist, zeigt ja, dass er die
    Größe ohne Fletcher erreicht hat.

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